Fundstücke

erstellt am: 26.11.2020 | Kategorie(n): Aktuelles, Kunst, Kurzgeschichten, Publikationen |

Wetter wird schlecht, daheim bleiben, aufräumen.
Ich bin immer noch am Sortieren, Löschen, Staunen.
Beispielsweise habe ich eine fünf Jahre alte mail gefunden, in der mich ein Freund (vom anderen Ende der Welt) nach meinen Kontaktdaten fragt – und diese mail habe ich jetzt beantwortet! Reaktion: prompte Antwort, endlich höre man was von mir … Was für eine Freundin bin ich eigentlich?

Hihi, das macht richtig Spaß! Weitere Jawlensky-ZiPi-Kopien. Alexej Jawlensky. 1864 (Torschok, Russland) bis 1941 (Wiesbaden, D). Das Bildnis des Tänzers (!) Alexander Sacharoff habt ihr ja schon gesehen (siehe 28.8.2020). Links ist das Portrait von Marianne Werefkin und rechts – tja, rechts – keine Ahnung, ob das überhaupt ein Jawlensky ist. Irgendwo habe ich das rausgeklaut und jetzt finde ich es nicht mehr. Weiß jemand, was das ist?
Dazu passt ein Zitat (aus meinem Kalender): „Klugheit ist Erkennen der Grenzen. Höchste Klugheit ist Erkennen der eigenen Grenzen.“ haha. Franz Carl Endres (1878-1954, Offizier, Historiker, Schriftsteller und Freimaurer).

Weiteres Fundstück: eine kleine Geschichte.

Tante Emile.

Ich hatte einmal eine Tante. Sie hieß Emile. Natürlich nicht richtig. In Wirklichkeit hieß sie Emilie. Aber jeder nannte sie Emile. Betonung auf dem E. Dieser Name ist heute völlig aus der Mode gekommen. Und Tante Emile ist auch schon lange tot. Sie war eine herzensgute Frau, rund und gemütlich, mit einem kleinen Oberlippenbart und einem flaumigen, liebenswürdigen Gesicht.

Als Kinder schreckten wir immer zurück, wenn Tante Emile uns küssen wollte. Und Tante Emile küsste gerne. Immer und überall. Wir drehten uns ein wenig zur Seite, um sie nicht ganz zu beleidigen. Aber im Grunde war es uns hochgradig unangenehm, die weiche, zart bewachsene Haut von Tante Emile zu berühren, den Pfirsichflaum. Mindestens 100 Kilo wog sie  – dachten wir.

Ich hatte ein besonderes Verhältnis zu Tante Emile. Denn alle in der Verwandtschaft (zumindest Mutter und Großmutter) sagten, ich würde Tante Emile wie aus dem Gesicht geschnitten sein – jedenfalls als Tante Emile klein war, habe sie genauso ausgesehen wie ich. Schöne dunkle Augen, schlank, hübsch. Ich konnte mir das gar nicht vorstellen, dass meine Tante Emile jemals schlank gewesen sein sollte – ja nicht einmal die Vorstellung, dass sie irgendwann einmal jung gewesen sein könnte, passte in meinen Kopf.

Aber es gab ein sichtbares Zeichen unserer Verwandtschaft und Ähnlichkeit: Ich hatte ihre Daumen geerbt. Das waren Daumen, die allgemeine Heiterkeit auslösten, sobald sie jemand näher betrachtete. Ja, ich konnte damit sogar eine Freundin aufheitern: „Zeig mir mal deinen Daumen, dann kann ich wieder lachen“. Diese Daumen sahen aus, als hätte man sie mit dem Hammer platt geklopft. Die Kuppe extrem breit, dafür der Rest sehr kurz. Sie erweckten den Eindruck, als fehlte ein Daumenglied. Und genau solche Daumen hatte Tante Emile.

Wenn Tante Emile als Kind so ausgesehen hat wie ich – sehe ich dann als Erwachsene so aus wie Tante Emile? Ich hatte fürchterliche Angst, so behaart und dick zu werden wie sie. Und außerdem wurde sie im Alter vergesslich, verwirrt und als Alzheimer-Patientin schließlich in ein Heim gebracht. Dort hat sie alle Bewohner freundlich abgebusselt, wie es eben ihre Art war.

Manchmal schaue ich auf meine Daumen und denke an die gute, alte Tante Emile. ENDE.

Diese Geschichte ist fast 20 Jahre alt.
Apropos … bei der Gelegenheit könnte ich die Bücher von Helena Morgen mal wieder ins Spiel bringen. Ist zwar gerade keine Reisezeit, aber vielleicht Lesezeit?

Weihnachts-Shopping ist momentan nicht so einfach. Da liegt der Hund schon mal im Detail begraben. Oder im Foto rechts. Wenn ein Ausländer nachschlagen möchte, was eine „Einfachgarnitur“ ist, würde mich interessieren, ob er rausfindet, wo sein Zug hält … Nächstes Hindernis: Bahnsteigmitte!

„Auch der Ozean besteht aus einzelnen Tropfen.“

William Butler Yeats. Selbst nachschauen!